Der Turnus in den Kolbenhöfen

SCHLAGKRÄFTIGE JUNGS

Echte Berufung

Brandnarben auf der Haut, rußgeschwärzte Hände, kräftige Arme. Johannes Rienhoff und seine Schmiedejungs passen ins Bild. Ihre Berufung hat sie geformt. Zusammen geben sie den Takt des Arbeitsalltages an: gemeinsames Frühstück um 9 Uhr, Teammittag im neuen Gemeinschaftsraum, Betriebsausflug zur Weltmeisterschaft der Schmiedezunft nach Italien. Dieser Teamgeist ist allgegenwärtig und der Umgangston respektvoll und familiär. Hier steht jeder für jeden ein.

Dieses Drumherum ist hier sehr wichtig. Denn die Arbeit fordert täglich körperliche und geistige Höchstleistung. Es gibt keine Kompromisse, das Ziel ist stets allerhöchste Ausführungsgüte. Da sind sich alle einig.

KLING-KLONG-RHYTMUS

Harte Arbeit

Früh am Morgen, sobald der Ofen auf Temperatur ist, ertönt der metallische Kling-Klong-Rhytmus aus der alten Werkshalle:: Das glühende 1300 Grad heiße Eisen wird mit Muskelkraft Schlag auf Schlag auf dem duldsamen Amboss in Form gebracht. Auch das geht am besten im Team. Im Takt wird das Schmiedestück abwechselnd geknetet. Das klingt fast wie Musik. Die passenden Schmiedewerkzeuge dazu werden selbst entwickelt und hergestellt. Präzise, detailverliebt und kompromisslos werden so aus Vierkantstahl und Co. filigrane Muster und echte Kunstwerke.

Die Arbeit in der Kunstschmiede erfordert Innovationsgeist, Kreativität und Kraft. Und das merkt man jedem  Schmiedeunikat an.

TRADITION IN DER NEUSTADT

Lange Geschichte

Der damals  26-jährige Schmiedemeister Johannes Rienhoff übernahm 2013 vom 79-jährigen Dieter Lehmann die Kunstschmiede in der Poolstraße. Der namensgebende Vorbesitzer hatte die Schmiede in den 70ern übernommen. Die Wurzeln der Schmiede gehen sogar zurück bis zur Jahrhundertwende. Nach Kriegsende war der Handwerksbetrieb von einem Nachbargrundstück auf den Hinterhof gezogen, auf das Gelände der im Krieg zerbombten Synagoge. In direkter Nachbarschaft befanden sich weitere traditionelle Handwerksbetriebe wie die KFZ-Werkstatt Auto Stern, Schuhmacher Kleemann und ein Geigenbauer. Die Schmiede verließ Anfang 2019 dieses Kleinod und zog mit Ambos und Co auf das alte Werksgelände einer Kolbengießerei in Altona. Hier hat sich nach längerem Ringen und Leerstand wieder altes Handwerk angesiedelt. Die neuen Nachbarn sind jetzt Tischler, Oldtimerrestaurator und anderes Kleingewerbe. Verlässt man das Industriegelände, ist man umgeben von szenigen Cafés, kreativen Büros und bunten Mitmenschen. Dieser besondere Mix aus Damals und Heute ist Inspirationsquelle und Motivationsgeber für die tägliche Arbeit der Schmiedejungs.